Resilienz - ein Management Buzzword?

In der aktuellen Managementliteratur taucht "Resiliente Organisation" in letzter Zeit häufig auf. Gemeint sind damit Unternehmungen, welche mit Widerwärtigkeiten oder Katastrophen erfolgreich umgehen können und damit auf dem Markt überleben.

Nur ist der Ausdruck "Resiliente Organisation" ungenau, den Resilienz ist eine menschliche, individuelle Eigenschaft, mit starken Störungen erfolgreich umzugehen (mehr dazu bei Wikipedia). Somit können Unternehmen nur Voraussetzungen schaffen, dass ihre Mitarbeitenden die eigene Resilienz stärken können und zur gegebenen Zeit auch diese Stärke ausspielen können. Einige Rahmenbedingungen dazu sind eine konstruktive Fehlerkultur, begleitet von einer entsprechenden Vertrauenskultur und aufbau- und ablauforganisatorische Regelungen. Diese Rahmenbedingungen erlauben es dann, das die Mitarbeitenden in aussergewöhnlichen Situationen auch aussergewöhnlich handeln.

Was bedeutet dies für den Verein?

In der Regel macht sich ein Vorstand eines Vereines kaum Gedanken zu diesem Themen, wie häufig auch andere nahliegende Themen selten aktiv bearbeitet werden, wie Krisenmanagement, Notfallszenarien, Alarmorganisation, usw. Und in der Tat, die meisten Verein funktionieren ohne all dies recht lange recht gut.

Bis es dann am Tag X darauf ankommt, dass die Mitwirkenden über sich hinaus wachsen. Was kann ein kluger Vorstand tun, damit er darauf vorbereitet ist?

Risikoanalyse: Nur wer sich auf realistische Risiken einstellt, kann sich entsprechend vorbereiten. Neben der Eintretenswahrscheinlichkeit muss auch immer das Schadensausmass beurteilt werden. Bei geringen Schäden lohnen sich oft die Vorbereitungen zur Risikovermindung gar nicht. Die muss man einfach wegstecken.

Aufbauorganisation: Werden die klassischen Grundsätze der Aufbauorganisation, wie sie dann in einem Organigramm auch ihren Niederschlag finden, beachtet, so ist schon vieles geleistet. Compliance-Grundsätze verhindern eine ungesunde Machtkonsolidierung an einer Stelle oder bei einer Person. Gelebte Stellvertretungen geben Übung, in der Not auch einspringen zu können.

Ablauforganisation: Eine genügende Dokumentation der überlebenswichtigen Prozesse, ob als Handbuch, Prozessdokumentationen, Anleitungen, usw., helfen, in schwierigen Zeiten den Überblick zu behalten und nicht auf das geheime Wissen eines Know-How-Trägers angewiesen zu sein, welches dann nicht abrufbar ist, wenn es dringen nötig ist.

Vertrauen: Nur wer seinen Funktionären vertraut, kann sich in schwierigen Situationen darauf verlassen, dass das Richtige getan wird. Vertrauen ist ein gegenseitiges Geschäft: Vertrauen wird geschenkt, es muss aber auch bewiesen werden.

Gibt es Vorbilder?

Ich denke, wenn oben das komplexe Thema auch nur angerissen ist, man kann sich gut vorstellen, dass es NPO gibt, welche sich diesbezüglich vorbildlich verhalten. Das IKRK (und die entsprechenden nationalen Organisationen), welches immer wieder in schwierige Situationen gerät, ist dafür ein gutes Beispiel. Ja sogar ist es eine Kernkompetenz, sich in einem schwierigen Umfeld zu bewegen. Ohne klare Risikoabschätzung wird kein Einsatz in einem Krisengebiet geplant. Ohne gute Schulung der Funktionäre werden diese nicht eingesetzt.

Müssen wir das Nachahmen?

Natürlich muss ein Fussballclub oder ein Kochclub sich nicht so vertieft damit auseinander setzen. Aber während einer Vorstandssitzung das Thema diskutieren und ein paar einfache Massnahmen ableiten, kann nicht falsch sein. Nicht einer eierlegende Wollmilchsau nachjagen, die sowieso zu rasch im tiefen Gestrüpp des Alltags verschwindet, sondern zu den obigen Themen Risiko, Aufbauorganisation, Ablauforganisation und Vertrauen einige wenige, umsetzbare Massnahmen festlegen. Diese mit Verantwortlichkeit, Kompetenzen und Terminen versehen, dann ist das Notwendige getan, die Resilienz der eigenen Funktionäre zu stärken.

Schade, ich empfehle kein persönlichkeitsbildendes Resilienzseminar für die Vereinsfunktionäre. Nein, empfehle ich nicht, auch wenn das auf dem Ausbildungsmarkt angeboten wird. Dies ist nicht die Aufgabe des Vereins, das darf jeder für sich persönlich machen, wenn er das Bedürfnis hat oder einen Bedarf daran erkennt. Wichtiger ist es, dass die Organisation die organisatorischen Rahmenbedingungen setzt, damit resilientes Verhalten gelebt werden kann und nicht bestraft wird.

Oder einfach mals das Gespräch mit mir suchen: Marcel Niederer

 

 
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